Historisches Foto: Blick auf das gutbesuchte Schwimmerbecken und den Sprungturm

Mixed Pixels - Digitalisiertes Archivgut online: Juli 2023

Pack die Badehose ein!

Das Schwimmen zählt heute in der heißen Jahreszeit zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Das war aber nicht immer der Fall. Während es in der Antike eine ausgeprägte Badekultur gab, konnten im Mittelalter und der Frühen Neuzeit nur noch wenige Menschen schwimmen. Die notwendige körperliche Entblößung galt als moralisch verwerflich, das Wasser als gefährliches Element.

Erst im 18. Jahrhundert wurde das Schwimmen und damit auch der Schwimmunterricht wieder gesellschaftsfähig. Zu diesem Zweck wurden Schwimmlehrbücher verfasst, die zum Einstieg meist Trockenübungen an Land propagierten. Ein solches Handbuch mit „bildlichen Darstellungen der Methoden“ hatte auch der königlich-bayerische Hauptmann Max Hoderlein, ehemals Vorstand einer Schwimmanstalt in Bayern, verfasst. Er übersandte es im Jahr 1833 dem Großherzog Ludwig II. von Hessen-Darmstadt und empfahl es als Lehrbuch für See- und Militärkadetten (HStAD, D 12, 17/47Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Historischer Plan: Querschnitt durch die Fuda, links Bäume, in der Mitte der Fluss, rechts die Badeanstalt. Unten Seitenansicht der mit Sichtschutzwänden umgebenen Badeanstalt
Querschnitt und Aufriss der Collet'schen Badeanstalt in der Fulda, 1831 (HStAM, Karten, P II 11962)

Gleichzeitig wurden seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche öffentliche Badeanstalten eingerichtet. In Kassel wurde beispielsweise um 1830 eine Schwimmanstalt am Ostufer der Fulda eröffnet, die über mehrere Jahrzehnte von dem Sprach- und Schwimmlehrer Jean Baptiste Collet betrieben wurde (HStAM, Karten, P II 11962Öffnet sich in einem neuen Fenster). Kostenaufstellungen zum Auf- und Ausbau der Anlage sind in den Akten der Kurhessischen Regierung erhalten geblieben (HStAM, 18, 2225Öffnet sich in einem neuen Fenster). Noch heute befindet sich an dieser Stelle des Fuldaufers das Freibad am Auedamm.

Historisches Foto: Die Schimmmannschaften stehen aufgereiht auf einem Steg neben dem Schwimmbereich
Schwimmländerkampf Deutschland - Frankreich im Großen Woog in Darmstadt, Juli 1937 (HStAD, O 59 Löwer, 16/98-99)

In Darmstadt wurde seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Große Woog als Badesee genutzt. Seit den 1920er Jahren wurde er nach und nach ausgebaut und in der Folge auch für Wettkämpfe genutzt. So fand dort beispielsweise am 3. und 4. Juli 1937 ein Schwimmländerkampf zwischen Deutschland und Frankreich statt (HStAD, O 59 Löwer, 16/98-99Öffnet sich in einem neuen Fenster). Im Nachlass Otto Löwers, des damaligen Leiters der Ortsgruppe Darmstadt des nationalsozialistischen Reichsbunds für Leibesübungen (DRL), ist eine der Medaillen überliefert, die dort in Anerkennung sportlicher Verdienste verliehen wurden (HStAD, O 59 Löwer, 211Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Historisches Foto: Männer und Frauen planschen im Wasser
Beim Planschen sind alle gleich: Prinz Heinrich von Preußen und großherzoglich-hessische Verwandtschaft im Hemmelmarker See (Schleswig-Holstein), 1909 (HStAD, D 27 A, 63/99)

Jenseits solcher Wettkämpfe wurde ebenfalls gerne geschwommen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfrischten sich etwa Prinz Heinrich von Preußen und seine großherzoglich-hessische Verwandtschaft während eines Aufenthalts in seinem Gut Hemmelmark in der Ostsee (HStAD, D 27 A, 63/99Öffnet sich in einem neuen Fenster). Doch das Schwimmen erreichte als populärer Zeitvertreib nun auch alle anderen Bevölkerungsschichten. In diesem Zusammenhang hielt man es für notwendig, die Bevölkerung auf die damit verbundenen Gefahren hinzuweisen. Ein Plakat aus den 1930er Jahren empfiehlt unter anderem, nicht erhitzt oder mit vollem Magen zu baden und vor dem Springen zu erproben, wie tief das Wasser ist (HStAD, R 2, 5466Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Historisches Foto: Schwimmhalle mit Schwimmbecken, umlaufender Galerie und Wandgemälde
Das Jugendstil-Schwimmbad in Friedberg, eröffnet 1909 (HStAD, R 4, 40881)

Ebenfalls um 1900 begann man, Volksbäder zu errichten. Auch in Friedberg wurde im Jahr 1909 ein durch Bürgerspenden finanziertes prächtiges Bad im Jugendstil eröffnet (HStAD, R 4, 40881Öffnet sich in einem neuen Fenster). Die Badeanstalten dienten zunächst vor allem dazu, den Menschen eine regelmäßige Körperpflege zu ermöglichen. Da viele Haushalte keinen Zugang zu fließendem Wasser hatten, konnten sie dort Badewannen und Duschen nutzen, das Schwimmbecken war zunächst nur eine Nebenattraktion. Die Hausordnung des Friedberger Schwimmbads ist daher unterteilt in separate Badeordnungen für das Schwimmbad (in dem der Gebrauch von Seife und das Wäschewaschen strengstens untersagt war), das Wannenbad, das Brausebad (in dem Pfeifen und Singen verboten war) sowie das Dampfbad und medizinische Bäder (HStAD, R 2, 91Öffnet sich in einem neuen Fenster).

Historische Badeordnung, Text
Haus- und Badeordnung für das Städtische Schwimmbad Friedberg, um 1910 (HStAD, R 2, 91)

Seit den 1960er Jahren lernen die meisten Kinder das Schwimmen in der Schule. Vor allem die Freibäder, beispielsweise Kleinfeldchen in Wiesbaden (HHStAW, 3008/47, 3942Öffnet sich in einem neuen Fenster), sind seitdem im Sommer stets mehr als gut besucht.

Wir wünschen auch für diesen Sommer gutes Schwimmbadwetter und viel Freude beim Abkühlen!

Sabine Fees, Marburg